Den Herbst mag ich lieber, je älter ich werde

Den Herbst mag ich lieber, je älter ich werde

Den Herbst mag ich lieber, je älter ich werde. Es ist nicht mehr so warm, aber auch nicht so richtig kalt. Das Laub der Bäume explodiert zwar in einem wahren Farbrausch zwischen leuchtend gelb und flammend rot, aber insgesamt wird die Welt gebrochener, kontrastärmer, ruhiger.
 
Es ist wie ein Aufruf, aus dem Trubel auszusteigen, sich dem Grellen zu entziehen, dem Lauten zu verweigern. Langsamer gegen. Die Augen ruhen lassen, die Seele still werden. Und dann die unscheinbaren Kleinigkeiten am Wegesrand wahrnehmen, die direkt zum Herzen sprechen und es mit Glück füllen. Einer der schönsten Wege, sich Gott zu nähern ist das Staunen! In der Stille begegne ich meinem Schöpfer. Ruhig werden ist gut, achtsam wahrnehmen und die Gedanken ziehen lassen. Aber Kraft und Frieden finde ich in dieser Begegnung. 
 
“Nur bei Gott wird meine Seele still, denn meine Hilfe kommt von ihm.” (Psalm 62,2)
Einer der schönsten Orte bei uns – vor allem im Herbst – liegt oberhalb der Wildenburg in Kempfeld. Wo vor Urzeiten eine keltische Festungsanlage stand, überragen von Moos überzogene bizarre Quarzitfelsen den sogenannten “Hexentanzplatz”. 
 
Inwieweit dort in grauer Vorzeit geheime Hexenversammlungen abgehalten wurden, weiß ich nicht. Aber natürlich kommt die Sprache bei unserer Wandertour auf das bevorstehende Halloween.
 
Ob es nun tatsächlich seinen Ursprung in keltischen Feierlichkeiten mit grausamen Menschenopfern hat oder heute von manchen Leuten zu einem okkulten Fest umfunktioniert wird, anhaben kann uns der ganze Grusel nichts. 
 
“Ich sage dir noch einmal: Sei mutig und entschlossen! Hab keine Angst und lass dich durch nichts erschrecken; denn ich, der Herr, dein Gott, bin bei dir, wohin du auch gehst!” (Josua 1,9)
 
Aber ich mag einfach die Werte nicht, um die es an Halloween geht, und damit meine ich nicht nur dieses riesige Kommerzding. Nehmen anstatt geben. Härte anstatt Barmherzigkeit. Aufdringlichkeit anstatt Selbstbeherrschung. Wieso sollen meine Kinder anderen mit Saurem drohen, wenn sie nichts Süßes bekommen? Oft genug werden die Grenzen überschritten und dann doch Schrecken verbreitet, wenn ein Haushalt nicht mitmachen will…
 
“Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.” (Römer 12,21)
 
Also wieso nicht statt dessen Kürbissuppe und Lagerfeuer, Kartoffelstempel und Fackelwanderung, Gemeinschaft und gute Gespräche? Schon ein einziges Streichholz, das ich entzünde, vertreibt die Dunkelheit! 
Heute kann ich es kaum glauben, dass wir letzten Sonntag den goldenen Oktober verabschiedet haben! Während sich auf den kahlen Feldern die Vögel zu ihrem Flug in den Süden versammelt haben, unternahmen wir einen ausgedehnten Herbstritt durch die bunten Hunsrückwälder… Über uns ein Mosaik an Sonnenstrahlen, denen schon die Kraft zum Wärmen fehlt, um uns herum wehte der Wind die abfallenden Blätter wie glänzende Kupferstücke, die Pferde dampften und der Boden unter den Hufen roch nach feuchtem Laub und Pilzen. 
 
An einer Holzhütte auf einer Lichtung mitten im Wald, gab es eine willkommene Überraschung: Jeanette Mareien aus Abentheuer hatte ihr Waldtischlein für uns gedeckt. Sie verwöhnt den Gaumen von Wanderern im Nationalpark auf Bestellung mit süßen und pikanten vegetarischen Köstlichkeiten der Saison. Alle Produkte, mit denen sie kocht und backt, stammen von Höfen und Biohöfen aus der Region (ein echter Geheimtipp für die Nationalparkregion Hunsrückhochwald). 
 
Das war so ein umfassendes Genießen der Vielfalt von Gottes großer Schöpfung, von Mensch, Tier und Natur im Einklang miteinander, dass mein Herz nur jubeln kann: 
“Schmeckt und seht, dass der Herr gut ist. Freuen darf sich, wer auf ihn vertraut!” (Psalm 34,9)
 
(Vielen Dank, Frank Gemeinhardt, für die tollen Fotos!)
Den Herbst mag ich lieber, je älter ich werde
“It was November – the month of crimson sunsets, parting birds, deep, sad hymns of the sea, passionate wind-songs in the pines. Anne roamed through the pineland alleys in the park and, as she said, let that great sweeping wind blow the fogs out of her soul.” 
(L. M. Montgomery, Anne of Green Gables)
 
Ich bin froh, dass auf den goldenen Oktober bisher kein grauer November folgt. Ich genieße den letzten kleinen Abglanz des Sommers und wundere mich über die vielen Bilder von Weihnachtsdeko und Adventskalendern überall. Ja, ist denn jetzt schon Weihnachten? Am liebsten würde ich sie festhalten, diese Tage voller Sonnenschein und Licht und Hoffnung. Ich sammle davon so viel es geht, bevor die grauen Wolken am Horizont sich unübersehbar auftürmen und der sich andeutende Coronawinter nicht mehr zu übersehen ist. 
 
Danke, Herr, dass du IMMER deine Lichtstrahlen schickst! Dass die Sonne immer da ist, auch wenn ich sie wegen der Wolken nicht sehe…
 
“Denn ich allein weiß, was ich mit euch vorhabe: Ich, der HERR, habe Frieden für euch im Sinn und will euch aus dem Leid befreien. Ich gebe euch wieder Zukunft und Hoffnung. Mein Wort gilt!” (Jeremia 29, 11) 
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